Die Hegglin Partner Architektur und Baurealisation AG bildet als KMU gleich drei Lernende aus, die berufsbegleitend die Berufsmaturität absolvieren. Geschäftsführer René Hegglin und Berufsbildner Dominik Grosser erklären, warum sie bewusst auf Nachwuchskräfte mit Berufsmatura setzen.
Text: Roger Amberg / Bilder: Christoph Arnet
Publikation im Zebi Magazin, 2. November 2024
Im Büro der Hegglin Partner Architektur und Baurealisation AG herrscht geschäftiges Treiben. Mittendrin bespricht Berufsbildner Dominik Grosser mit den beiden Lernenden Melisa Besic und Céline Morand gerade einen Bauplan, während der dritte Lernende Jonas Nigg heute Schultag hat. Es ist ein alltägliches Bild bei der Firma Hegglin. Das Architekturbüro aus Steinhausen mit 18 Mitarbeitenden bietet seinen Kundinnen und Kunden Unterstützung während des ganzen Bauprozesses: von der Suche eines geeigneten Baugrundstücks über die Projektentwicklung bis zur Umsetzung.
Mit Céline, Melisa und Jonas befinden sich drei der 18 Mitarbeitenden in der Ausbildung als Zeichner/in Architektur EFZ Fachrichtung Architektur und absolvieren zusätzlich berufsbegleitend die Berufsmaturität, was für ein KMU eine Besonderheit ist. Geschäftsführer René Hegglin erklärt, weshalb das Familienunternehmen so stark auf den Nachwuchs setzt: «Wir bilden seit über 40 Jahren laufend junge Fachkräfte aus und haben immer gute Erfahrungen gemacht. Für die Lernenden ist es sehr wertvoll, wenn sie Kolleginnen und Kollegen haben, die vor einem oder zwei Jahren in derselben Position waren und ihre Erfahrungen weitergeben können.»
Dass alle drei Lernenden eine weiterführende schulische Ausbildung parallel zur Lehre machen, ist kein Zufall. Seit René Hegglin vor vier Jahren die Geschäftsführung übernommen hat, setzt er auf Nachwuchskräfte, die berufsbegleitend eine Berufsmatura absolvieren. «In jüngster Zeit bewarben sich vermehrt talentierte und ambitionierte Nachwuchskräfte, welche die Berufsmatura mit vertiefter theoretischer Schulbildung wünschten, um nachher studieren zu können. Meiner Erfahrung nach sind das immer sehr gute Bewerberinnen und Bewerber.»
Die beiden Lernenden Melisa Besic (links) und Céline Morand besprechen mit Berufsbildner Dominik Grosser einen Bauplan.
René Hegglin ist sich bewusst, dass die Berufsmatura aus unternehmerischer Sicht nicht nur Vorteile bringt. «Die Lernenden sind viel in der Schule, wodurch die praktische Ausbildung etwas kürzer kommt. Aus operativer Sicht kann man ihnen die ganz spannenden Projekte, bei denen man häufig erreichbar sein muss, weniger übergeben.» Trotzdem überwiegen für ihn die Vorteile: «Sie erhalten durch die Berufsmatura wichtiges theoretisches Wissen und profitieren vor allem von den mathematischen Fächern, die beim Zeichnen wichtig sind.» Zudem würden sie die fehlende Praxis mit der Zeit kompensieren. Dass die häufigere Abwesenheit aus unternehmerischer Sicht einen Nachteil bringt, stört René Hegglin nicht: «Ich betrachte die Lernenden nicht aus finanzieller Sicht. Für mich ist die Ausbildung von Lernenden eine Herzensangelegenheit, die sich nicht in Zahlen oder Geld aufwiegen lässt.»
Dominik Grosser ist zuständig für die Ausbildung der drei Lernenden und stellt sicher, dass sie in der beschränkten Arbeitszeit die notwendigen praktischen Erfahrungen machen können. «Wir integrieren sie wann immer möglich in unseren Projekten, sodass sie konstant und eigenständig an etwas arbeiten können.» Dabei überträgt er den jungen Fachkräften bereits früh wichtige Aufgaben: «Es motiviert sie, wenn sie Verantwortung übernehmen können und vom ersten bis zum letzten Schritt eines Projekts mit dabei sind. Sie können davon nur profitieren.» Durch die Berufsmatura würden sie bereits früh lernen, selbstständig zu arbeiten und sich die Zeit einzuteilen, was für das Berufsleben viele Vorteile bringt.
René Hegglin
Dass die Lernenden mit Arbeit, Berufsschule und Berufsmatura viel zu stemmen haben, ist sich Dominik Grosser bewusst. Deshalb sei er als Ausbildner auch mal kulant, wenn es darum gehe, während der Arbeitszeit eine halbe Stunde etwas für die Schule zu machen. Vom praktischen Lernfortschritt halte das die jungen Fachkräfte nicht ab. «Es ist sehr spannend zu sehen, wie sie einen Schritt nach dem anderen machen. Es macht Spass, ihnen Wissen weiterzugeben und die Philosophie der Architektur und des technischen Zeichnens zu vermitteln.»
Und was sagen die Lernenden selbst zu den Anforderungen einer Lehre mit berufsbegleitender Berufsmatura? Céline Morand befindet sich im 3. Lehrjahr. Sie sieht die Herausforderungen, die sich aus der Kombination von Lehre und Berufsmatura ergeben, als bereichernd. Trotz der intensiven Phasen schätzt sie die Abwechslung zwischen Theorie und Praxis: «Während ich im Job bereits sehr selbstständig arbeite, wird einem in der Schule gesagt, was, wie und wann man etwas machen muss. Mir gefällt die Abwechslung sehr gut», so die 18-Jährige.
Geschäftsführer René Hegglin (links) und Berufsbildner Dominik Grosser vertrauen auf Lernende, die berufsbegleitend die Berufsmaturität absolvieren.
Durch den zusätzlichen Abschluss erhofft sie sich vor allem Perspektiven für die Zukunft: «Mit der Berufsmatura stehen einem alle Türen offen. Mit 14 Jahren wusste ich noch nicht, ob ich den Beruf ein Leben lang machen will. Deshalb habe ich mich dafür entschieden, die Berufsmatura zu absolvieren.» Nach Abschluss der Lehre möchte sich Céline gerne weiterbilden und Architektur studieren. Und vielleicht wird sie nebenbei noch weiter für Hegglin arbeiten. Das wäre auch ganz im Sinn von Geschäftsführer René Hegglin. «Es ist uns als Betrieb ein Anliegen, dass die Lernenden nach der Ausbildung nach Möglichkeit bei uns bleiben und dann eine Weiterbildung machen. Wir fördern und unterstützen das.»
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