Im Jahr 2021 feierte die SSBL ihr 50-jähriges Jubiläum. So stolz wir auf die 50 Jahre gelebte Humanität auch sein können, eine zeitgemässe Weiterentwicklung unsere Angebote ist angesagt.
In Bezug auf die Begleitung und Betreuung von Menschen mit Behinderung hat sich in den vergangenen Jahren eine neue grundsätzliche Denkweise in der Gesellschaft durchgesetzt. Dieses neue Denken wurde mit der UNO Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) als gesetzliches Leitmotiv verfestigt: Es zeichnet das Bild einer inklusiven Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderungen mehr Teilhabemöglichkeiten haben, um ihre persönlichen Rechte in der Gesellschaft wahrnehmen zu können.
Eine umfassende Teilhabe erhöht die gesellschaftliche Vielfalt und bringt Bereicherung. Unterstützung wird gemeindenah erbracht, in der Fachsprache spricht man vom «Sozialraum». Damit ist eine räumliche Vernetzung gemeint, welche die Einbettung, oder eben Inklusion, ermöglichen soll. Massgebend sind dabei die Selbstbestimmungsrechte, die Befähigung zur Selbstverantwortung und die individuelle Entwicklung der Lebensqualität.
Damit das tatsächliche gesellschaftliche Leben diesen Vorstellungen näherkommt, braucht es viele Veränderungen, wie sie zum Teil im Ausland zum Beispiel in Schweden, Deutschland, Österreich und den USA bereits realisiert sind.
Die ganze Branche von Dienstleistern, und mit ihr die SSBL, wird sich weiter wandeln müssen. Darunter verstehen wir vor allem Teilhabe ausserhalb der Institution fördern, gewünschte Dienstleistungen individualisieren und in vielfältiger Weise zur beschleunigten und kosteneffizienten Umsetzung Kooperationen mit anderen Organisationen eingehen.
Beim Realisieren dieses Wandels kommt erschwerend hinzu, dass Menschen mit erheblichen Behinderungen in der bisherigen Diskussion (zur UN-BRK) zu wenig berücksichtigt wurden. Wenn zum Beispiel das Verhalten oder die Kommunikation von einer Behinderung betroffen sind, fällt es oft schwer, dies als gesellschaftliche Bereicherung zu erkennen. Aber gerade diese verletzlichen Personen verdienen weiterhin von uns die grösste Unterstützung.
Menschen mit Behinderung haben, unabhängig davon, ob sie in einer sozialen Organisation leben oder nicht, Anspruch auf eine qualitativ gute Begleitung und Betreuung als gleichberechtigter Teil der Gesellschaft. Die SSBL sieht sich als innovative Kraft, den geforderten Wandel mit Sorgfalt und Umsicht zu gestalten. Denn: Menschen mit Behinderung haben die gleichen Rechte wie Menschen ohne Behinderung. Dazu gehören Chancengleichheit, Autonomie und Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben. Kurz gesagt: Dem Bekenntnis zu Inklusion müssen Taten folgen.
SSBL mit neuem Namen
Während des abgeschlossenen Strategieprozesses der SSBL wurde der (im heutigen Sprachverständnis wertende resp. stigmatisierende) Name «Stiftung für Schwerbehinderte SSBL» kritisch hinterfragt. Hierzu wurden bei diversen internen Grossveranstaltungen und unter Einbezug von unterschiedlichen externen Stakeholdern Ideen gesammelt. Die häufigsten Vorschläge standen anschliessend zur Wahl, wobei sich Klientinnen und Klienten, Angehörige sowie Mitarbeitende an der Abstimmung beteiligten. Das überzeugende Resultat: Aus «Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL» wurde «SSBL Stiftung für selbstbestimmtes und begleitetes Leben». Die vier Buchstaben SSBL wurden beibehalten, nicht zuletzt aus Rücksicht auf die rund 400 Bewohnerinnen und Bewohner sowie die rund 860 Mitarbeitenden, welche sich seit über 50 Jahren damit identifizieren. Der neue Name ist Bekenntnis und Versprechen zugleich: Die SSBL steht für Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderung und will zusätzliche Wahlfreiheit sowie Selbstbestimmung ermöglichen.
Strategie 2030 und konkrete Massnahmen
Die Namensänderung ist der Startschuss zur Umsetzung der erarbeiten Strategie 2030 mit folgendem Anspruch:
«Wir ermöglichen Menschen mit Behinderung Teilhabe in der Gesellschaft.
Wir fördern ihre Wahlfreiheit und Selbstbestimmung durch vielseitige und flexible
Angebote in allen Lebensbereichen.»
Mit ersten Pilotprojekten für neue, differenzierte und bedürfnisorientierte neue Wohn- und Arbeitsformen soll bereits dieses Jahr gestartet werden. Bis Ende 2022 wurden mit dem laufenden Organisationsentwicklungsprojekt die strukturellen und prozessualen Voraussetzungen geschaffen. Flachere Hierarchien und einfachere Schnittstellen ermöglichen den Betreuungsteams höhere Handlungsspielräume sowie ein Maximum an Fachlichkeit bei der Begleitung.
Ein Wandel, der sich auf Fakten stützt
Als Basis für die Strategie 2030 dienten die UNO-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) sowie kantonale Grundlagen wie das Leitbild «Leben mit Behinderung im Kanton Luzern», der Planungsbericht, die kantonale Eigner-Strategie für die SSBL sowie die aktuell gültigen Leistungsvereinbarungen 2020-2023. Bei der Erarbeitung der Strategie und Festlegung, welche Leistungen die SSBL in Zukunft erbringen soll, wurden die Angehörigenorganisationen, die gleichgelagerten sozialen Institutionen des Kantons, Professoren aus der Lehre Soziale Arbeit, die Dienststelle Soziales und Gesellschaft DISG sowie die Kadermitarbeitenden der SSBL einbezogen. Im Zentrum stand jedoch die von der SSBL initiierte umfassende Bedürfnisumfrage bei Menschen mit Behinderungen zum Thema «Wie will ich wohnen», durchgeführt von der HSLU.
«Die Strategie 2030 ist unser Wegweiser, um Weichen neu zu stellen, innovative Konzepte zu entwickeln sowie Prozesse und Strukturen nachhaltig zu optimieren.»
SSBL-Stiftungsratspräsidentin Dr. Esther Schönberger